Fremdkörpermanagement

Fremdkörpermanagement


Allgemeines zum Fremdkörpermanagement

„An der Spitze der öffentlich gemachten Produktrückrufe und -warnungen standen im Jahr 2019, wie auch im Jahr 2018, Meldungen zum Thema „Fremdkörper in Lebensmitteln, fehlerhafte Verpackungen“.“ , so der Bericht „Gefährliche Produkte 2020. Informationen zur Produktsicherheit“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).

Daher ist das Fremdkörpermanagement wichtiger Aspekt vieler Standards und Lebensmittelsicherheitssysteme. So fordert beispielsweise der IFS HPC 2:

„Auf Grundlage der Gefahrenanalyse und Bewertung der damit zusammenhängenden Risiken sind
Verfahren vorhanden, die eine Kontamination durch Fremdmaterial vermeiden. […] Ein Management für Glas und sprödes Material wird unter Berücksichtigung von Präventiv- und Korrekturmaßnahmen eingerichtet; das System enthält auch Verweise auf Verfahren bei Bruch von Glas und sprödem Material.“

IFS HPC 2

Im IFS Food 6.1 handelt es sich beim Fremdköpermanagement sogar um ein KO-Kriterium

„KO Nr. 6: Auf Grundlage einer Gefahrenanalyse und Bewertung der damit zusammenhängenden Risiken existieren Verfahren, die die Kontamination mit Fremdmaterialien weitestgehend verhindern. Kontaminierte Produkte sind wie fehlerhafte Produkte zu behandeln.“

IFS Food 6.1

Definition Fremdkörper

Ein Fremdkörper, der aus dem Produkt, dessen Rohstoffen stammen oder von außerhalb des Produktes stammen kann, ist „alles, was während des Produktionsprozesses unbeabsichtigt in das Produkt gelangt oder nicht entfernt werden kann und haptisch feststellbar ist.


Arten von Fremdkörpern

Generell wird nach zwei Arten von Fremdkörper unterschieden:

Fremdkörper die aus dem Produkt selber bzw. den Rohstoffen stammen

  • Stiele, Kerne und Schalen bei pflanzlichen Rohstoffen
  • Knochensplitter bei tierischen Rohstoffen
  • Agglomerate, Verklumpungen

Fremdkörper die nicht aus dem Produkt selber bzw. den Rohstoffen stammen

  • Steine, Porzellan
  • Glas
  • Metalle
  • Holz
  • Papier / Pappe
  • Kunststoffe, Folien, etc.
  • Stoffe und Fasern
  • Insekten und Nager
  • Haare, Fingernägel, Pflaster
  • Schmuck
  • Essensreste

Herkunft und Beispiele von Fremdkörpern

Die möglichen Eintragsquellen von Fremdkörpern sind vielfältig. Hier einige gängige Beispiele:

Produktion / Lieferanten der Rohstoffe

  • Unsaubere Arbeit bei der Ernte und oder Herstellung von natürlichen Rohstoffen (wie Pflanzen)

Infrastruktur

  • Abblätternder Putz / Farbe
  • zerbrochene Lampenabdeckungen
  • verschmutzte oder undichte Rohrleitungen

Produktion

  • Verwendung von Messern mit Abbrechklingen
  • Unachtsamer Umgang mit Hilfsmitteln (z.B. Heftklammern, Clips, Verschlüsse, Kugelschreiber, Feuerzeuge, etc.)
  • Abrieb / -bruch an Produktionsanlagen
  • Defekte Hilfsmittel
  • Nichtbefolgen der Herstellungsanweisungen

Personal

  • Mangelnde Personalhygiene, schlecht sitzende Haarnetze, lange oder künstliche Fingernägel
  • Tragen von Schmuck / Piercings
  • Essen und Trinken
  • schmutzige Arbeitskleidung
  • Pflaster

Verpackung

  • Verunreinigte oder beschädigte Primärpackmittel oder deren Umverpackungen

Wartung / Reparatur

  • Verschleppung aus anderen Bereichen z.B. der Werkstatt (Feilspäne, Bohrspäne, etc.)
  • Abrieb / -bruch an Produktionsanlagen
  • Unachtsamkeit des Wartungspersonals
  • verlorene Muttern, Kabelabschnitte, Kabelbinder, Isolierungen, etc.
  • Provisorien („Tape-Engineering“)

Lagerung

  • Verunreinigte oder beschädigte Verpackung
  • nicht ausreichende Schädlingskontrolle
  • nicht ausreichende verpackte Materialien
  • defekte Paletten

Transport

  • Schmutzige / schlecht gewartete Fahrzeuge
  • nicht ausreichende Ladungssicherung

Dienstleistung

  • Alle im eigenen Betrieb möglichen Kontaminationsquellen (siehe oben) können auch bei der Untervergabe an Dienstleister vorkommen.

Ein wirksames Fremdkörpermanagement sollte also mindestens die oben genannten Bereiche eines Betriebes umfassen.


Fremdkörperprävention

Der beste Weg mit Fremdkörpern im Produkt umzugehen, ist der sie erst gar nicht in das Produkt gelangen zu lassen – also die Prävention.

Daher ist es wichtig die Prävention in allen Unternehmensbereichen zu verankern.

Beschaffung / Planung

  • Beschränkung auf verlässliche und etablierte Lieferanten
  • Laufende Kontrollen der Lieferanten gewährleisten (Lieferantenbewertung)
  • Auf Glas und spröde Kunststoffe als Packmittel soweit möglich verzichten
  • Lieferung auf Kunststoffpaletten bevorzugen

Wareneingang / Warenausgang

  • Wareneingangskontrolle: Zurückweisung / Nichtversand beschädigter und nicht korrekt verschlossener Lieferungen
  • Prüfung der Fahrzeuge auf Sauberkeit uns sachgemäßen Zustand

Produktion

  • Verbot von Lebensmitteln, Tabak, Schmuck und allen sonstigen privaten Gegenständen
  • Klare Verhaltensregeln zum Umgang mit
    • Sauberkeit der Produktionsräume und -maschinen
    • Personalhygiene und Dienstkleidung
    • Essen (auch Kaugummis, Bonbons, etc.), Trinken und Rauchen
    • Pflastern (produktfarbfremd oder metallisiert)
  • Sofortiges Verschließen von Gebinden oder Produkten die nicht (mehr) unmittelbar benötigt werden
  • Regelmäßige Kontrollen an Schwachpunkten (z.B. Schaugläsern, Einhausungen, etc.)
  • Regelmäßige Reinigung der Produktionsräume
  • Konsequente Protokollierung und Aussonderung potenziell kontaminierter Produkte
  • Verwendung von Kunststoffpaletten oder zumindest einwandfreien Holzpaletten
  • Klar geregelter und festgelegter Waren- und Abfallstrom

Wartung und Instandhaltung

  • Regelmäßige und kurzfrequente Wartung aller Geräte, Maschinen und Hilfsmittel
  • schnelle Reparatur von Defekten
  • keine Provisorien aus Draht, Klebeband oder Ähnlichem
  • funnktionierendes Schädlingsmanagement

Personal

  • Konsequente Einbeziehung der Mitarbeiter durch
    • Regelmäßige Schulungen und Sensibilisierung
    • ein funktionierendes HACCP-Konzept
    • eine geeignete Arbeitsplatzgestaltung
    • Kontrollen

Fremdkörperdetektion

Erst als zweite Maßnahme nach der Prävention ist die Fremkörperdetektion anzuwenden. Dabei geht es darum unvermeidbare Fremdkörper im Produkt aufzufinden.

  • Metalldetektoren, Magnete
  • Röntgengeräte
  • Kamerainspektionssysteme
  • optische Kontrollen durch Mitarbeiter
  • physische Trennverfahren wie Siebe oder Zentrifugieren

Nachweise

1.
Bentz, I., Bleyer, T., Blume, J., Pendzich, M. & Potthoff, S. Gefährliche Produkte 2020. Informationen zur Produktsicherheit. (2020) http://doi.org/10.21934/BAUA:BERICHT20200916.