Mikrobiologische Anforderungen an kosmetische Mittel
Inhalt
- Regulatorische Grundlagen der mikrobiologischen Anforderungen an kosmetische Mittel
- Mikrobiologische Grenzwerte für kosmetische Mittel
- Pluralibacter gergoviae
- Mikrobiologisch risikoarme Produkte nach DIN EN ISO 29621
- Auswertung der Ergebnisse einer mikrobiologischen Analyse von kosmetischen Mitteln
- Häufige Fehlerquellen bei der mikrobiologischen Analyse kosmetischer Mittel
- Siehe auch
- Nachweise
Regulatorische Grundlagen der mikrobiologischen Anforderungen an kosmetische Mittel
Die mikrobiologischen Anforderungen an kosmetische Mittel ergeben sich aus der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel. Artikel 8 besagt:
(1) Die Herstellung kosmetischer Mittel erfolgt im Einklang mit der guten Herstellungspraxis, um die Erreichung der Zielsetzungen von Artikel 1 zu gewährleisten.
(2) Die Einhaltung der guten Herstellungspraxis wird vermutet, wenn die Herstellung gemäß den einschlägigen harmonisierten Normen erfolgt, […]
Die harmonisierte Norm der guten Herstellungspraxis ist die ‚DIN EN ISO 22716 – Kosmetik – Gute Herstellungspraxis (GMP)‘
diese besagt unter Punkt 9.2.2.
[Qualitäts-] Kontrollen sollten auf der Grundlage festgelegter, geeigneter und verfügbarer Prüfverfahren erfolgen.
konkretisiert werden die mikrobiologischen Prüfverfahren unter anderem in den Normen:
- DIN EN ISO 11930 – Kosmetische Mittel – Mikrobiologie – Bewertung des antimikrobiellen Schutzes eines kosmetischen Produktes
- DIN EN ISO 16212 – Kosmetische Mittel – Mikrobiologie – Zählung von Hefen und Schimmelpilzen
- DIN EN ISO 17516 – Kosmetische Mittel — Mikrobiologie — Mikrobiologische Grenzwerte
- DIN EN ISO 18415 – Kosmetische Mittel – Mikrobiologie – Nachweis von spezifizierten und nichtspezifizierten Mikroorganismen
- DIN EN ISO 18416 – Kosmetische Mittel – Mikrobiologie – Nachweis von Candida albicans
- DIN EN ISO 21148 – Kosmetische Mittel – Mikrobiologie – Allgemeine Anleitungen zur mikrobiologischen Untersuchung
- DIN EN ISO 21149 – Kosmetik – Mikrobiologie Zählung und Nachweis von aeroben mesophilen Bakterien
- DIN EN ISO 21150 – kosmetische Mittel – Mikrobiologie – Escherichia coli
- DIN EN ISO 22717 – kosmetische Mittel – Nachweis von Pseudomonas aeruginosa
- DIN EN ISO 22718 – Kosmetik – Nachweis von Staphylococcus aureus
- DIN EN ISO 29621 – Mikrobiologisch risikoarme Produkte
Mikrobiologische Grenzwerte für kosmetische Mittel
ARTEN VON MIKROORGANISMEN | SPEZIELLE PRODUKTE | SONSTIGE PRODUKTE |
---|---|---|
Gesamtheit aerober mesophiler Mikroorganismen (Bakterien sowie Hefen und Schimmelpilze) | ≤ 1 × 102 KBE/g oder ≤ 1 × 102 KBE/ml **) | ≤ 1 × 103 KBE/g oder ≤ 1 × 103 KBE/ml ***) |
Escherichia coli | Nicht nachweisbar in 1 g oder 1 ml | Nicht nachweisbar in 1 g oder 1 ml |
Pseudomonas aeruginosa | Nicht nachweisbar in 1 g oder 1 ml | Nicht nachweisbar in 1 g oder 1 ml |
Staphylococcus aureus | Nicht nachweisbar in 1 g oder 1 ml | Nicht nachweisbar in 1 g oder 1 ml |
Candida albicans | Nicht nachweisbar in 1 g oder 1 ml | Nicht nachweisbar in 1 g oder 1 ml |
Spezielle Produkte im Sinne der DIN EN ISO 17516 – Kosmetische Mittel — Mikrobiologie — Mikrobiologische Grenzwerte:
- Produkte, die speziell für Kinder unter drei Jahren,
- für die Augenpartie oder
- die Schleimheute vorgesehen sind.
Aufgrund der dem Plattenzählverfahren inhärenten Variabilität, nach USP Kapitel 61 oder nach EP Kapitel 2.6.12, wird die Auswertung der Ergebnisse als außerhalb der Grenzwerte liegend angesehen, wenn der Wert:
**) > 200 KBE/g oder > 200 KBE/ml beträgt;
***) > 2 000 KBE/g oder > 2 000 KBE/ml beträgt.
Pluralibacter gergoviae
In einer Stellungnahme vom Montag, 7. September 2020 stellt das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) fest, dass kosmetische Mittel grundsätzlich frei von Pluralibacter gergoviae sein sollten.
Mikrobiologisch risikoarme Produkte nach DIN EN ISO 29621
Mikrobiologisch risikoarme Produkte sind solche, deren chemisch-physikalische Matrix ein Vermehren oder Überleben von Mikroorganismen bietet.
Der Hersteller kann daher in der Regel auf die mikrobiologische Analyse solcher Produkte verzichten und dadurch seinen Qualitätssicherungsprozess verschlanken.
Folgende Eigenschaften machen laut der DIN EN ISO 29621 ein Produkt mikrobiologisch risikoarm:
Eigenschaft | Grenzwert | Beispiel |
---|---|---|
pH | kleiner/gleich 3,0 oder größer/gleich 10 | Oxydanten |
Alkoholgehalt | größer/gleich 20% | Enthaarungscremes |
hohe Abfülltemperatur | größer/gleich 65,0°C | Fette, Wachse |
Wasseraktivität (aw) | kleiner/gleich 0,75 | Fette, Wachse |
Produkt ist lösemittelhaltig (z.B. Aceton, Ethylacetat, …) | Nagellackentferner | |
oxidierende Produkte (z.B. wasserstoffpreoxidhaltige) | Oxidanten für Haarfarben | |
Aluminiumchlorohydrat | größer/gleich 25% | Deossprays |
Auswertung der Ergebnisse einer mikrobiologischen Analyse von kosmetischen Mitteln
Häufige Fehlerquellen bei der mikrobiologischen Analyse kosmetischer Mittel
- Nicht ausreichende Inaktivierung der Produktkonservierung
Fast alle kosmetischen Mittel sind konserviert, um mikrobiologisch stabil zu sein. Die Konservierung hemmt das Wachstum von eventuell vorhandenen Mikroorganismen in der Probe. Dadurch können falsch negative Ergebnisse erzielt werden.
Daher muss die Probe mit einem geeigneten Medium so stark verdünnt werden, dass die Produktkonservierung ihre Wirkung verliert. - Ungeeignetes Verdünnungs- bzw. Inaktivierungsmedium
Wird ein nicht auf die Probenmatrix abgestimmtes Verdünnungs- bzw. Inaktivierungsmedium verwendet, kann es ebenfalls zu falsch- - bei positivem Ergebnis nicht-Ausschluss von der vier spezifizierten Keime lt. DIN EN ISO 17516 und Pluralibacter gergoviae
Siehe auch
- BfR: 04/2020 – Escherichia coli in Mehl – Quellen, Risiken und Vorbeugung
- BfR: 09/2018 – Shigatoxin-bildende E. coli in Lebensmitteln: Vorhersage des krankmachenden Potenzials der verschiedenen Stämme noch nicht möglich
- Campana R, Scesa C, Patrone V, Vittoria E, Baffone W. Microbiological study of cosmetic products during their use by consumers: health risk and efficacy of preservative systems. Lett Appl Microbiol. 2006 Sep;43(3):301-6. doi: 10.1111/j.1472-765X.2006.01952.x. PMID: 16910936.
- BAV, Sonderausgabe Kosmetik Teil 21: Häufige Fehler bei der mikrobiologischen Untersuchung von Kosmetika